oh sleep
Es gibt diese Menschen, bei denen man sich fragt, wann sie überhaupt schlafen.
Oh, und wie all die Plattenproduktionen, Konzerte und das ständige kreative Kreisen für sich und andere überhaupt in 24 Tagesstunden passen.
Florian Sczesny ist so ein Mensch. Als Sänger und Liedschreiber unaufhörlich unterwegs zwischen seiner Progressive Band Lake Cisco und Kompositionsanfragen anderer Künstler, als Gitarrist umtriebig im Dunstkreis des Bonner Energiekreis Zuckerhut-Studiokollektivs und Bands, die daraus hervorsprießen.
Dieser Nimmermüde ist jetzt also oh sleep. Musik, die beim ...
Einschlafen hilft? Oder Musik, die beklagt, dass man nicht länger wach bleiben kann, weil man doch noch so viel vorhat?
Beides. oh sleeps Musik versetzt einen in die Stimmung, in die man sonst nur nach einer Flasche Wein in der WG-Küche seiner besten Freunde kommt.
Diese Mischung aus Intimität und großer weiter Welt, in der alles möglich ist, wenn man es nur leidenschaftlich genug in Worte fasst. Diese Stimmung, in der plötzlich das ganze Leben wie ein melancholisch-wunderbares Rauschen erscheint.
Der Unterschied ist nur: Nach dem Wein ist das Gefühl am nächsten Morgen weg, die Musik von oh sleep aber macht, dass es weiterrauscht. Dass man so rauscht, wie die Musik selbst es tut, die klingt, als hätte der Künstler vor den Schlafzimmerrecordings nächtelang nach der perfekten Mikrofonposition gesucht, genau weit genug weg vom Geschehen, aber nah genug dran, um kein Dezibel der kostbaren Lo-Fi-Stille zu verpassen, die so sehnsüchtig-sphärisch zwischen Zeilen und Akustikgitarre schwebt.
Die Musik lenkt den Fokus nicht auf sich, sondern in den Hörer selbst hinein, und das ist das eigentlich Großartige an ihr. Sie hält sich im Hintergrund, und doch sieht man plötzlich glasklar vor sich, was Sache ist. Von hinten durch die Brust dahin, wo man sonst nur selten hinkommt. Egal ob auf der bald erscheinenden EP „try to rest“ oder der mit Bass und Schlagzeug aufgenommenen „trio“-EP, es ist, als wollte einem der Künstler Geheimnisse verraten, die man von sich selbst noch nicht wusste.
Bis es bei SpotiTunes die Genres „Musik zum Heimkommen im Morgengrauen“ oder „Musik, die der beginnende Herbst durch Vorhänge weht, während man drinnen nicht weiß, ob man noch barfuß durch die Wohnung laufen kann, ohne zu frieren“ gibt, kann man jedem nur wünschen, über die obligatorischen „Ähnlichen Künstler“ auf oh sleeps Musik zu stoßen.
Da sollte der Künstler in nicht minder großer Gesellschaft als der eines José González, Elliott Smith oder Sufjan Stevens sein Dasein fristen. Er hätte es verdient. Bis es soweit ist (und ganz sicher auch darüber hinaus), wird er weiter in regelmäßigen Abständen selbstproduzierte Songs veröffentlichen, geflissentlich Labelanfragen ablehnen und die liebevoll gestalteten Kassetten, die wirken, als hätte der Künstler die Bänder eigenhändig mit einem angekauten Bleistift aufgerollt, nach ausgewählten Wohnzimmer- und Clubshows an ausgewählte Menschen weitergeben, die am nächsten Tag zwar die Weinseligkeit, nicht aber die Seele vergessen haben werden, die solche Songs hervorbringt.
anstehende Konzerte finden Sie auf der Facebookseite
Kontakt: Robert Grosse