Und singt ein Lied dabei
Wiederveröffentlichung als Neuausgabe
Konrad Beikircher vergleicht rheinische Lieder mit falschem Zungenschlag mit Wiener Liedern derselben Machart, um dann zu wirklichen rheinischen Volksliedern zu gelangen, die oft als Karnevalsschlager missverstanden werden.
Konrad Beikircher zu "...und singt ein Lied dabei":
"Das Rheinische Landesmuseum Bonn hat vor ein paar Jahren eine schöne Ausstellung über die Entstehung des Rhein-Tourismus zusammengestellt und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, zu diesem Thema einen Abend zu gestalten. Ich konnte. Warum? Na bitte, mit dem Rheinlied hatte ich Erfahrung.
In den ...
Südtiroler Gasthäusern, die ich ab dreizehn mit meiner Gitarre unsicher gemacht hatte, waren immer wieder Rheinländer zugange, die mitten in den Dolomiten „Einmal am Rhein“, „Das Rheinland - Mädel“ oder „Warum ist es am Rhein so schöne?“ sangen. Was muss das für ein Land sein, fragten wir uns, in dem man tatsächlich so begeistert einen derartigen Schrott aus dem Hals lässt? Und wer ist Willy Schneider?
Dann kam ich nach Wien und begegnete beim Heurigen in Grinzing (den wir Südtiroler aus rein wissenschaftlichen Motiven jeden Samstag aufsuchten, ich natürlich wieder mit der Gitarre vor dem Bauch) auf weanerisch genau demselben Schrott. Daran musste ich denken, als das Landesmuseum bei mir anklopfte und machte mich dran, diese (im Ernst) grauenhafte Seite der rheinischen Musik auf die Schippe zu nehmen. Und plötzlich klang auch in den Ohren des Publikums ein Wort wie ‘Käsesahne’ oder ein Lied wie „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“ genau so, wie es mir beim erstenmal hören vorkam.
Dass ich in diesem Programm Parallelen zu Wien (Motto: Wein, Weib, Gesang) zeigte, z. B. im herrlichen Lied „Mei Alte sauft soviel wia i“ versteht sich von selbst. Natürlich kommt Beethoven zu Wort, weil ja auch er Rheinlieder komponierte (ahem!) aber - als ernster Akzent - auch die Wacht am Rhein, um zu zeigen, wie dieser herrliche Strom missbraucht wurde. Das schönste aber war jedesmal der Schluss, weil ich da dem ganzen Willy-Schneider-Jedöns das echte rheinische Volkslied entgegensetze.
Lieder, die zwar als Karnevalslieder entstanden, sich aber zum Volkslied durchsetzten, weil sie das rheinische Lebensgefühl so treffen, wie et besser nit mieh jeiht. Das Tragische dieser Lieder ist, dass sie in jedem Karneval auf der Straße zu Tode gegrölt werden. Wie herrlich sie aber sind, wenn sie leise gesungen werden, das habe ich immer wieder selber zu Herzen gehend erfahren, wenn alle mitgesungen haben, und zwar LEISE und ohne im Rhythmus zu klatschen. Matthias Raue, Satoko Matsumoto (unsere ‘rheinisch - japanische’ Pianistin) und ich waren zu Tränen gerührt, als wir, z.B. in der Philharmonie in Köln, dieses Programm aufführten und plötzlich sahen, dass hunderte von Menschen weinten und mitsangen.
Das, meine Damen und Herren, sind Momente in einem Künstlerleben, da möchtest du alles, was du jemals an Schönem hattest, hingeben, so schön es dat. Wenn Sie an dieser CD Freude haben sollten - es wäre mir ein großes Kompliment!"
Erstveröffentlichung: 1994